Samstag, Heimspiel gegen den VFL Wolfsburg, bestes Wetter, viele gut gelaunte Menschen mit jeder Menge Lust und Vorfreude auf den Kampf um Europa.
Dass der Kampf um Europa allerdings etwas zu wörtlich genommen wurde, konnten praktisch fast alle Fans auf der Promofläche am Stadion sehen. Männer und Frauen in Tarnuniformen, gepanzerte Fahrzeuge, versehen mit dem Roten Kreuz und jede Menge Flecktarn-Werbeartikel. Kurz gesagt: Die Bundeswehr trat an diesem Spieltag als sympathischer Werbepartner vom 1. FSV Mainz 05 e.V. besonders in Erscheinung.
Dieser am Spieltag stattfindenden Werbeaktion ging neben bereits präsenter Bandenwerbung im Stadion ein Instagram-Video auf dem Kanal der Mainz 05-Frauen voraus. Dort ist eine Bundeswehr-Mitarbeiterin mit mehreren Mainz 05-Spielerinnen zu sehen, die gemeinsam eine Challenge machen und schließlich ein Gewinnspiel ankündigen. Zur Teilnahme am Gewinnspiel muss einem Bundeswehr-Instagram-Kanal gefolgt und „Gemeinsam stark für unsere Verteidigung“ kommentiert werden.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinwiesen, dass bereits nach der Veröffentlichung des Werbevideos Fanvertreter:innen die Zusammenarbeit des Vereins mit der Bundeswehr hinterfragt und auf die Brisanz der Thematik hingewiesen haben. Auch war vom massiven Umfang und dem Einsatz von Kriegsgerät bei einer Werbeaktion am Stadion zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede.
Der Profifußball mit der Masse an Besucher:innen scheint offensichtlich für die Bundeswehr ein gern genutzter Weg zur Imagepflege zu sein. Sie präsentiert sich in dieser Werbekampagne vor allem als sympathischer, sicherer Arbeitgeber mit jeder Menge Spaß für jedermann und jedefrau. Es wird versucht, durch das Nutzen bestimmter Begriffe und Darstellungen, den Schein zu erwecken als wären Sport, Wettkampf und Teamgeist praktisch gleich dem Job bei der Bundeswehr. Strahlende Kinder, die auf einem Fahrzeug mit großen Reifen klettern dürfen, passen da wunderbar ins Bild. Dass das von den Kindern begehrte Fahrzeug unter der Waffengattung der Panzer zu finden ist und ein Geschützturm abgedeckt wurde – Schwamm drüber.
Eine kritische Auseinandersetzung oder gar Hinweise auf Gefahren und Folgen, die der Beruf als Soldat:in, auch im zivilen Bereich mit sich bringen, sucht man hier leider vergebens. Posttraumatische Belastungsstörungen nach Einsätzen, Umgang mit dem Tod. Verlust von Kamerad:innen und Freund:innen oder sogar die Notwendigkeit zum Töten sind schwerwiegende Risiken, die sich jeder Mensch bewusst machen sollte, wenn man sich dazu entscheidet, ein Teil der Armee zu werden.
Werbung für Militär und Waffen ist ein generell brisantes, kontroverses und strittiges Thema. Unstrittig jedoch ist: Eine kritische Reflexion von Kindern und jungen Menschen über das Thema Bundeswehr und welche Folgen es haben könnte, Teil der Truppe zu werden, ist kaum möglich. Die Faszination für große Maschinen wird dazu missbraucht Normalität für den Umgang mit Krieg und Waffen zu schaffen.
„Mainz ist BUNT“ hatte vor kurzem noch in großen Lettern auf dem Boden in der Nähe der nun anders genutzten Fläche gestanden. Stattdessen saßen nun Kinder auf Panzern und liefen statt mit rot-weiß-goldenen Beuteln mit Flecktarn-Beuteln herum – kein schönes Bild und irgendwie völlig unpassend für eine Sportveranstaltung in Deutschland und erst recht für ein Spiel von Mainz 05. Die eigentliche Zielgruppe wurde hier tatsächlich verfehlt.
Was bleibt rückblickend von der zuvor beim Verein geübten Kritik übrig? Nicht viel!
Am Spieltag: Mit Kreide gemalte Kritik auf der Promofläche wurde kurzfristig entfernt. Neben der Werbemaßnahme positionierte sich eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei zu deren Bewachung. Eine angeregte, aber vollkommen friedliche Diskussion mit einer Soldatin wurde von zwei Bereitschaftspolizisten im Hintergrund begleitet. Ausschließlich Kinder auf dem Panzer. Dies alles passt nicht zu unserem Verein mit seinem weltoffenen und familienfreundlichen Image und Werteverständnis!
Das nächste Sondervermögen wurde bereits beschlossen und der aktuelle gesellschaftliche Diskurs lässt darauf schließen, dass noch viele weitere folgen werden. Wir können uns jetzt schon auf eine immer stärkere Präsenz von Bundeswehr-Werbung einstellen. Fußballspiele sind Orte gesellschaftlicher Zusammenkunft, jedoch keine für Militär. Mainz 05 als attraktiver und anerkannter Repräsentant der Region darf nicht von der Bundeswehr zur Imageaufwertung genutzt werden. Mainz 05 bietet einen Ort, den seine Mitglieder zusammen bunt und offen gestalten können. Ein Ort für Gemeinschaft. Kein Ort, an dem die Bundeswehr Rekrutierungsarbeit leisten sollte.
Wir rufen deshalb dazu auf, die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr als Werbepartner zu überdenken und Werbeaktionen an passenderen Orten durchzuführen.
Keine Bundeswehrwerbung in und um Stadien!
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Ultraszene Mainz
Supporters Mainz e.V.